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Adolf Treibl an Arthur Schnitzler, [22.? 1. 1906]
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Euer Hochwohlgeboren Hochverehrter Herr Doctor
Die Woche fängt für mich gut an. Schon am morgen muß ich ein Vergehen beichten. Dieſer Brief hätte Euer Hochwohlgeboren ſchon zugehen ſollen. Aber ſo ſind wir Menſchen. Im Unglück zerknirſcht und demütig, wird doch kaum daß es beſ ſer geht, der alte Schlendrian eingeſchlagen und die kleine, kleinliche Tagesarbeit erſcheint wichtiger, als Treue und Dankbarkeit zu bezeugen. Das iſt nur eine Selbſtanklage. Die Familie Ehrenstein trifft kein Verſchulden. Albert befindet ſich am Wege der Beſ ſerung und iſt mit Zuſtimmung des Primarius Dr Kornfeld , der vorgeſtern dort war und heute wieder kommt in häuslicher Pflege belaſ ſen worden. Der krankhafte Erregungszuſtand iſt im Abflauen. Seine Handlungsweiſe vom
vorigen Sonntag Notiz erkennt Albert ſchon als abnormal. Sein Gang iſt ſchon natürlicher, drückt bei weitem nicht mehr die gehobene Stimmung eines Siegers aus. Unnützes Lachen kommt nicht vor, doch hat er noch namentlich abends Angſtgefühle und findet auch noch – wenn auch ſeltener – Beziehungen litterariſcher Größen zu ſich und seinem Verhalten.
Dr Kornfeld ordnete unter anderem auch gelinde geiſtige Beſchäftigung an und Albert hat geſtern im Herder geleſen u darüber eine Kritik zu liefern gehabt. Daß Gott erbarme wie Herder wegkam. Er ſelbſt bezeichnete die Arbeit ironiſierend als »Schularbeit« und klaſ ſifizierte ſie mit »nicht genügend«. Mit vielem und herzlichen Dank für Ihre Teilnahme an das Geſchick des Kranken bitte ich um Entſchuldigung, wenn ich ſo frei ſein werde dieſer Tage weiter zu berichten
In vollkommener Hochachtung
ergebſt

Ad. Treibl

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Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar

Euer Hochwohlgeboren Hochverehrter Herr Doctor
Die Woche fängt für mich gut an. Schon am morgen muß ich ein Vergehen beichten. Dieser Brief hätte Euer Hochwohlgeboren schon zugehen sollen. Aber so sind wir Menschen. Im Unglück zerknirscht und demütig, wird doch kaum daß es bes ser geht, der alte Schlendrian eingeschlagen und die kleine, kleinliche Tagesarbeit erscheint wichtiger, als Treue und Dankbarkeit zu bezeugen. Das ist nur eine Selbstanklage. Die Familie Ehrenstein trifft kein Verschulden. Albert befindet sich am Wege der Bes serung und ist mit Zustimmung des Primarius Dr Kornfeld , der vorgestern dort war und heute wieder kommt in häuslicher Pflege belas sen worden. Der krankhafte Erregungszustand ist im Abflauen. Seine Handlungsweise vom
vorigen Sonntag Notiz erkennt Albert schon als abnormal. Sein Gang ist schon natürlicher, drückt bei weitem nicht mehr die gehobene Stimmung eines Siegers aus. Unnützes Lachen kommt nicht vor, doch hat er noch namentlich abends Angstgefühle und findet auch noch – wenn auch seltener – Beziehungen litterarischer Größen zu sich und seinem Verhalten.
Dr Kornfeld ordnete unter anderem auch gelinde geistige Beschäftigung an und Albert hat gestern im Herder gelesen u darüber eine Kritik zu liefern gehabt. Daß Gott erbarme wie Herder wegkam. Er selbst bezeichnete die Arbeit ironisierend als »Schularbeit« und klas sifizierte sie mit »nicht genügend«. Mit vielem und herzlichen Dank für Ihre Teilnahme an das Geschick des Kranken bitte ich um Entschuldigung, wenn ich so frei sein werde dieser Tage weiter zu berichten
In vollkommener Hochachtung
ergebst

Ad. Treibl

    Wie die DATEN-Darstellung funktioniert

    Die angezeigten Daten sind auf ARCHE, im XML oder RDF Format, gespeichert bzw. archiviert. Die Daten können sehr unterschiedlich dargestellt werden. In dieser HTML-Darstellung wurden XSLT-Stylesheets und XPath verwendet um Daten von ARCHE abzufragen und in eine HTML-Struktur zu transformieren. Dieser Prozess schafft die Möglichkeit, eine benutzerfreundliche Web-Applikation zu erstellen.

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